Neue Replikationsstudie untersucht den Einfluss digitaler Medien auf die Demokratie
Auf den Punkt gebracht
- Eine neue Replikationsstudie überprüft und bestätigt frühere Forschungsergebnisse zum Einfluss von digitalen Medien auf die Demokratie.
- Digitale Medien wie soziale Medien, Messenger-Gruppen oder Kommentarspalten in Onlinemedien haben überwiegend negativen Einfluss auf demokratische Prozesse. Sie können populistische Strömungen begünstigen, Polarisierung verstärken und Vertrauen in Institutionen untergraben.
- Handlungsbedarf: Strategien sind notwendig, um Risiken digitaler Medien zu minimieren und gleichzeitig deren demokratischen Potenziale zu stärken.
Digitale Medien prägen die politische Landschaft weltweit immer stärker. Ein aktuelles Forschungspapier des Institute for Replication (I4R) analysiert und überprüft die Ergebnisse einer Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, die 2023 veröffentlicht wurde. Die Replikationsstudie, durchgeführt von Forschenden der Tongji University, der University of Cambridge und der Duke University, bestätigt die ursprünglichen Erkenntnisse zu den Beziehungen zwischen digitalen Medien und Demokratie.
Das Forschungsteam hat die Methodik der Originalstudie systematisch repliziert und einen aktualisierten Datensatz mit Studien bis März 2024 genutzt. Die Ergebnisse bestätigen das Resultat der Originalstudie, dass digitale Medien haben neben positiven, vor allem auch viele problematische Auswirkungen auf demokratische Prozesse haben. Einerseits fördern sie politische Partizipation und erleichtern den Zugang zu Informationen. Andererseits verstärken sie Polarisierung, Misstrauen in Institutionen und begünstigen populistische Strömungen.
Steigendes Misstrauen in demokratische Organisationen
„Die Replikationsstudie untermauert unsere Ergebnisse und die besorgniserregenden Trends halten an“, erklärt Philipp Lorenz-Spreen, Gruppenleiter für Computational Social Science an der TU Dresden und Forscher am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin. Er und Lisa Oswald – beide tätig im Forschungsbereich Adaptive Rationalität – leiteten die Studie von 2023. Postdoktorandin Lisa Oswald unterstreicht die Bedeutung dieser Ergebnisse. „Die korrelativen Belege häufen sich, dass digitale Medien politische Prozesse negativ beeinflussen können – wir sehen verschärfte Polarisierung, steigendes Misstrauen in demokratische Institutionen und Medien sowie eine verstärkte Verbreitung von Fehlinformationen.“
Auch Co-Autor Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am Institut, sieht Handlungsbedarf: „Wir haben genug konvergierende Evidenz, um diese Herausforderungen ernst zu nehmen und Strategien zu entwickeln, die die Risiken minimieren und gleichzeitig die demokratischen Potenziale digitaler Medien bestmöglich nutzen und schützen.“
Die Replikation bestätigt die zentralen Ergebnisse der Originalstudie. Digitale Medien stehen in Zusammenhang mit einer Vielzahl von demokratierelevanten Variablen. Die Mehrzahl der Befunde deutet auf potenzielle Gefahren für die Demokratie hin – zum Beispiel die emotionale Abwertung Andersdenkender (affektive Polarisierung), das Erstarken populistischer Bewegungen, die zunehmende Fragmentierung des gesellschaftlichen Diskurses und ein sinkendes Vertrauen in demokratische Institutionen sowie Hassrede und die Verbreitung von Fehlinformationen.
Vermehrte politische Beteiligung
Gleichzeitig gibt es aber auch positive Beobachtungen: Menschen, die digitale Medien nutzen, beteiligen sich häufiger politisch, haben Zugang zu vielfältigen Informationen, können sich frei äußern und verfügen über ein höheres politisches Wissen. Unklar ist jedoch, inwieweit digitale Medien tatsächlich den Wissenszuwachs und die Offenheit für unterschiedliche Perspektiven fördern. Während einige Studien dies bestätigen, weisen andere auf neutrale oder sogar negative Effekte hin. „Wir müssen dringend erforschen, wie digitale Medien – ihre Algorithmen und Funktionen, aber auch die Dynamiken unter den Nutzenden – mit den einzelnen Variablen zusammenwirken. Und vor allem: Was verursacht was?“, betont Lisa Oswald.
Replikationsstudien spielen in der Wissenschaft eine zentrale Rolle, da sie überprüfen, ob frühere Forschungsergebnisse Bestand haben. Sie helfen, Erkenntnisse zu bestätigen, Fehler zu korrigieren und ein fundierteres Verständnis zentraler Themen zu gewinnen. Diese Studie bestätigt nicht nur die ursprünglichen Befunde von Philipp Lorenz-Spreen, Lisa Oswald, Stephan Lewandowsky und Ralph Hertwig, sondern erweitert sie durch aktuelle Daten, um ein noch umfassenderes Bild des Einflusses digitaler Medien auf die Demokratie zu zeichnen.
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